Die Gedenkstätte Bernburg
Auf dem Gelände der ehemaligen Landes-Heil- und Pflegeanstalt
befindet sich heute das Fachklinikum für Psychiatrie. Im
Keller des nach dem Psychiater Wilhelm Griesinger (1817-1868)
benannten Gebäudes wurde 1952 vom Verband der Verfolgten
des Nationalsozialismus noch eine Urne in der ehemaligen Gaskammer
aufgestellt. Danach schwanden die Opfer der NS-„Euthanasie“
weitestgehend aus dem öffentlichen Gedächtnis.
Erst 1982 wurde ein Teil der Kellerräume zu einer kleinen
Gedenkstätte umgestaltet, die allerdings noch nicht öffentlich
zugänglich war, und deren unter großen Schwierigkeiten
erarbeitete Ausstellung auf Dauer den Erfordernissen nicht genügen
konnte. Sie bezeichnet aber den Beginn einer ernsthaften Aufarbeitung
der Morde an kranken und behinderten Menschen durch Mitarbeiter/innen
des Krankenhauses.
Nach einer denkmalpflegerischen Untersuchung begann ab 1988 die
Neugestaltung als Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“.
Im Mittelpunkt stehen heute die baulichen Reste der Vernichtungsanlage,
ergänzt durch eine Ausstellung über nationalsozialistische
Zwangssterilisation, „Euthanasie“ und „Sonderbehandlung
14 f 13“ in Bernburg.
Die Gedenkstätte wird seit der Neueröffnung im September
1989 von Besucher/innen aus dem In- und Ausland aufgesucht, deren
pädagogische Betreuung den Schwerpunkt der Gedenkstättenarbeit
bildet. Die Gedenkstätte wird überwiegend von Gruppen
besucht. Angesprochen sind dabei nicht nur die allgemein bildenden
Schulen (Fächer Geschichte, Sozialkunde, Religion, Ethik,
Philosophie), sondern auch Kranken- und Altenpflegeschulen sowie
weitere Bildungseinrichtungen.
Die Arbeit der Gedenkstätte ist geprägt von einem aktiven
Gedenken, das durch die Vermittlung von Sachinformationen den
Besucher/innen helfen soll, Wege zu eigenen Erkenntnissen zu finden.
Inhaltlich erfolgt keine zeitliche Begrenzung auf den Nationalsozialismus.
Im Mittelpunkt stehen stattdessen Kontinuitätslinien in der
Ausgrenzung sozialer Randgruppen von 1900 bis zur Gegenwart und
das ihnen zugrunde liegende Gedankengut sowie die Auseinandersetzung
damit, wie Menschen unter bestimmten Bedingungen zu Tätern
werden.
Da in der Gedenkstätte nur eine kleine Ausstellungsfläche
verfügbar ist, wird auf Wunsch und nach Anmeldung eine Führung
in deutscher oder englischer Sprache angeboten. Die Besucher/innen
haben darüber hinaus die Möglichkeit, sich während
ihres Aufenthaltes in der Gedenkstätte im Leseraum und Medienraum
ausführlicher über spezielle Fragen, über aktuelle
Veröffentlichungen und die Arbeit anderer Einrichtungen zu
informieren. Die direkte pädagogische Betreuung vor Ort wird
ergänzt durch die Beratung von Multiplikator/innen der politischen
Bildung. Sie können hier didaktische und methodische Hinweise
zur Gestaltung eines Unterrichtskonzeptes zu den „Euthanasie“-Verbrechen
im Dritten Reich sowie Hinweise zu ausgewählten Fragen nationalsozialistischer
Gesundheits-, Sozial- und Rassenpolitik erhalten. Entsprechende
Materialien werden von der Gedenkstätte zur Verfügung
gestellt.
Die künftige Arbeit soll den Charakter eines Ortes der Begegnung,
der Besinnung und des Gespräches miteinander weiter verstärken.
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